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Mittwoch, 27. Mai

  • Autorenbild: Mai Buko
    Mai Buko
  • 27. Mai 2020
  • 4 Min. Lesezeit

War wohl doch ein Sambucca zuviel gestern Abend. Hab den Wohnungsschlüssel draussen an der Tür stecken lassen, was ich erst heute mittag bemerke. Nicht auszudenken was für Horrorgeschichten dadurch möglich gewesen wären.


Groß angelegte Olivenöl-Recherche am Vormittag, was dazu führt, dass ich Meret und Tommy dazu bringen möchte sich mit mir eine Bestellung von 10 Liter Olivenöl der diesjährigen Ernte eines italienischen Familienbetriebes zu teilen. Das ist sehr wahrscheinlich das beste Olivenöl der Welt. Die 10 Liter kosten 216 Euro, was dann ja schon fast wieder günstig ist. Für immerhin das beste Olivenöl, das wir je zu uns genommen haben werden.

Wir müssen das jetzt einfach wie meine Chanel Vorliebe betrachten. Ein weiteres Microdosing für den Alltag. Also weiter schön die 5-Euroscheine aus dem Portemonnaie fischen, auf Seite legen und auf Öl sparen.


Nachmittags kurzes Treffen mit Tommy im Hörnchen, wir machen aus, dass wir gegen halb 7 ins Olympia fahren um dort Abend zu essen, David wird auch kommen, Marie ist vor Ort und arbeitet.


Wir fahren den Rhein entlang bis zum Zoo und von da dann durch Nippes. Auf der Rheinpromenade war die Hölle los, alles voller Menschen, furchtbar. In Nippes verliere ich zweimal Tommy, weil ich an an einem Jasminstrauch anhalte, weil ich Marie ein paar Blumen mitbringen möchte, aber er hört meine Schreie nicht und radelt weiter. Als ich wieder bei ihm bin, erkläre ich ihm, dass ich Jasmin gepflückt habe, er: "Wo?", schaue in mein Körbchen und stelle fest, dass ich die Zweige verloren habe. Er schüttelt den Kopf, wir fahren weiter. Beim nächsten Busch den ich erblicke dasselbe, ich halte an, schreie Tommy zu er soll anhalten, er hört wieder nichts, fährt seelenruhig weiter, ich steige ab, breche mir ein paar Zweige ab, klemme sie diesmal geschickter zwischen die Drähte meines Körbchens und hole nach einem halben Kilometer Tommy wieder ein. Er merkt nicht mal, dass ich jetzt einen riesigen Blumenbusch dabei habe.

Im Olympia sollen wir uns erst die Hände desinfizieren, dann führt uns Marie an unseren Tisch. Wir checken per App ein, so sind wir registriert, brauchen keine Zettel ausfüllen.

Es ist super schön da auf der Terrasse, man kennt ein paar Leute an den Nebentischen, winkt sich zu, Tommy kann seiner Fussballmannschaft ein wenig beim Training zuschauen, wir bestellen „Steak Frites“, ich trink mal wieder ein Pils, Tommy zuerst auch, dann schwenkt er um auf Rosé, ich auf Wasser.

David kommt dazu und bestellt sich das gleiche. Danach spielen wir noch eine Runde „The Game“, was wir schon an meinem Geburtstag gespielt haben, David rettet uns mit seinem Können wieder den Arsch.

Tommy erzählt David, dass er kein schlechter Verlierer sei, sondern ich eine schlechte Gewinnerin. In Griechenland hätte ich so fies Glück gehabt beim Würfeln und hätte immer behauptet, dass sei strategisch und Taktik, und da ich schon in den Siebzigern als Teenagerin den Zuhältern nachmittags im Szenecafé beim Backgammon alle Tricks abgeschaut hätte, wäre ich jetzt halt die Königin, und dass sei so arrogant und überheblich. Das stimmt natürlich nicht, also das mit den Zuhältern stimmt, aber ich bin nicht arrogant oder überheblich, ich freu mich halt nur wenn meine Taktik aufgeht, wenn die Würfel bei riskanten Moves richtig fallen.

Ich hatte schon vorher angekündigt, dass ich vor Sonnenuntergang unbedingt nach Hause will, da ich sonst nur unter den schwierigsten Umständen Fahrrad fahren kann, was zu enormen Stress führt. Und wozu Stress bei mir führt, weiß ja jetzt wohl jeder.

Meine doofe Sehschwäche, dazu noch Dunkelheit, das macht mich hypernervös und unsicher. Vor lauter Aufgeregtheit werde ich dann auch noch unaufmerksam und extrem schreckhaft, eine reine Horrorfahrt würde das werden.

Tommy wollte eh noch da bleiben, aber David hatte mir vorher versprochen gemeinsam mit mir zurück zu fahren. Er zögert unsere Abfahrt immer weiter raus, wir fahren erst nach halb 10 los, da dämmert es schon.

Diese bekannten blöden Umstände werden sofort noch getoppt von Davids „lässigem Fahrstil“, dem ich gezwungen bin zuzuschauen, dazu hat er kein Licht, obwohl ich ihm ein Set gekauft habe, ich bin fix und fertig.

Er erklärt mir mehrfach wieviele Minuten ich durch das stumpfe Anhalten an roten Ampeln vergeude. Er hätte in seinem Leben schon mindestens ein halbes Jahr an Zeit gewonnen, weil er zügig durchfahre.

An einer der letzten roten Ampeln steht er wieder ungeduldig neben mir und als ich ihm sage, guck mal, das sind doch nur Minuten, und die verbringst du jetzt schön mit deiner lieben Mama, wir sind ganz im Hier und Jetzt, können uns kurz unterhalten, uns anschauen, das ist doch keine vergeudete Zeit, da lenkt er tatsächlich ein und meint,

„Ok, so habe ich das noch nicht gesehen, da gebe ich dir Recht.“ Na, das ist doch mal fein.

Kurz danach trennen sich aber unsere Wege und ich fahre im fast Düsteren allein in die Südstadt weiter.

Als ich die große Luxemburger Strasse überquere, kommt ein Taxi von rechts, fährt immer weiter und hält erst kurz vor mir abrupt an, die Fußgänger die gerade loswollten und zurück sprangen, schreien den Fahrer an, ich bin total verunsichert, glaube im ersten Moment, ich sei schuld, ich sei über Rot gefahren, aber natürlich war der Taxifahrer der Arsch, ich fahre zittrig weiter, mein Herz schlägt bis zum Hals, und zwar bis ich endlich bei mir vor der Haustüre ankomme.


Dann früh ins Bett, morgen ist mein erster Arbeitstag, und ich habe Frühdienst.



ree


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