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Donnerstag, 2. Juli

  • Autorenbild: Mai Buko
    Mai Buko
  • 2. Juli 2020
  • 3 Min. Lesezeit

Bei der groß angelegten Gedenkfeier für Frau St. fungierte ich nicht nur als Chefdekorateurin (ich hatte acht unfassbar sweete winzige Väschen mit duftenden rosa Gartenrosen und Kamillen bestückt und auf der weiß gedeckten Tafel mit den rosafarbenen Servietten verteilt) sondern auch noch als Kellnerin.

Das ist ja nicht so meins, wie allgemein bekannt, und versemmelte dabei natürlich Einiges. Filigran verzierte Tortenstücke kippten schon beim Hieven aus der Konditorbox um, verschmierten dabei auch noch die anderen Stücke, bevor ich sie überhaupt auf der Servierplatte hatte, beim Verteilen an die Bewohner passierte später dasselbe, ich war so ungelenk, dass mir die Teile nicht nur seitlich umkippten, manche sogar ganz auf den Kopf, Kaffeetassen füllte ich bis über den Rand und was sonst noch so schief gehen kann, ging schief.

Anouk erzählte mir später, dass ich mir fast nach jedem Stück, das ich auf einen Teller bugsieren konnte, die Finger abschleckte, und mit diesen Fingern die nächste Portion betatschte. Corona, Corona.

Aber da ich gut drauf war, machte ich mir nicht nur nichts draus, sondern amüsierte mich köstlich.

Wir waren bei den Vorbereitungen so nervös, weil auch die oberste Chefetage anwesend sein würde, und wir uns proper präsentieren wollten.

Am Ende mussten Hermann und ich auch noch spontan ein paar Lieder vortragen. Hermann an der Gitarre, ich mit Gesang. Das war der letzte Horror, denn ich bat ihn um nicht zu hohe Töne, doch er stimmte es derart tief an, dass sich „Kein Schöner Land“ anhörte, als wäre ich Lee Marvin, der gerade „I was Born Under A Wandering Star“ singt.


Danach hatte ich Feierabend und konnte direkt weiter zu La Teca radeln, wo ich mit Sunia verabredet war. Letzten Sommer trafen wir uns dort regelmäßig, weil es genau in der Mitte zwischen unseren Wohnungen liegt. Wegen Corona kamen wir erst jetzt dazu, uns endlich mal wieder dort zum tratschen und saufen zu treffen.

Sie hatten leider ihre Karte verändert, beziehungsweise die Anrichtung. Die ehemals leckeren unterschiedlichen Bruschetta waren nicht nur extrem geschrumpft, sie waren auch nicht mehr höllisch heiß und kross, die Auberginen jetzt nicht mehr glühend da drauf gebacken, und die Sardellen nicht mehr salzig sondern sauer eingelegt. Der Spitzen-Wein machte die Enttäuschung wieder wett. Wir machten aus, dass ich die erste Augustwoche, wenn sie vereist ist, wieder bei ihr einziehen werde, um auf ihre Katzenbabys aufzupassen. Bis dahin werden sie Katzenjugendliche sein, bin gespannt, ob sie dann immer noch so süß sind.

Angezwitschert radelte ich nach dem Regen im Sonnenschein nachhause, sah dann aber im Vorbeifahren überraschend Anouk mit einer Freundin vorm Forum sitzen und gesellte mich auf einen Cappuccino noch etwas zu ihnen. Sie sind auch Stammkunden hier, kommen seit ihrem Studium rituell jeden Donnerstag her. Auch sie trafen sich allerdings heute zum erstmal seit Corona wieder. Paolo, der stets alberne Kellner, wusste schon dass wir uns kennen, konnte es aber nicht fassen, dass sie meine Vorgesetzte ist. Er nennt sie „Kleine Katastrophe“, mich „Große Katastrophe“.


Letztes Wochenende hatte ich ein bisschen mit Frank gechattet, dabei kam die Idee auf, dass ich nach Hamburg zu Besuch komme. Das übernächste Wochenende hätte ich wieder frei, und er und Gisa wären nicht verreist, also da.

Ich buchte mir also abends noch aufgekratzt vom Wein für den Zeitraum vom 10. bis 12. Juni ein billiges Hotelzimmer in St. Georg, und die Bahnreise. Ich war sehr stolz, dass ich die Bahnreise gebucht hatte, und nicht den Flug, der fast nur die Hälfte gekostet hätte.

Im Hotel zu übernachten ist ein großer Luxus, aber unbezahlbar die Unabhängigkeit und das Gefühl niemandem auf den Sack zu gehen.

Ich mit meinen tausend Eigenarten fühle mich bei Übernachtungen bei Freunden immer sehr unwohl.

Als ich alles unter Dach und Fach hatte, zitterte ich mal wieder vor Aufregung und hab eigentlich immer noch Angst, dass ich irgendetwas falsch gemacht und falsch reserviert habe. Das irgendein blöder Fehler passiert ist, den ich erst am Reisetag bemerke, und deswegen entweder viel Geld verloren habe, oder einfach nicht verreisen kann. Auch wenn ich seitdem zwanzigmal die Buchungen in meinen Mails angeschaut habe, traue ich dem Braten nicht, und erwarte das Schlimmste.

Ich schrieb Frank von meiner Aufregung und dass jetzt alles in trockenen Tüchern sei. Zuerst macht er wieder blöde Gags, ups, sie wären wohl dann doch nicht in Hamburg, aber dann gibt er zu, dass er sich auch freut, vor allem darauf mit mir endlich zu kämpfen, er will mir in der kurzen Zeit unbedingt ein paar Basics des Brazilian Jiu Jitsu beibringen. Ich hab natürlich gleich Angst, bin aber auch neugierig, und vor allem großkotzig. Hauptsache, ich lerne wie ich Tommy mit wenigen Griffen zu Boden bringen kann.


ree


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