Donnerstag, 11. März 2021

Man kann es kaum glauben, heute ist Jubiläumstag!

Genau vor einem Jahr hab ich mit diesem Blog angefangen!

Glückwunsch, Prost!

Habe mir eben diesen ersten Eintrag nochmal durchgelesen und erinnere mich wieder ganz genau. Diese plötzliche Panikattacke, und gleichzeitig die Scham darüber. Die beklemmende Angst, dass jetzt wirklich etwas ganz Gravierendes unser aller Leben verändert, und die Skepsis, vielleicht bin ich aber auch nur neurotisch, wie so oft.

Jetzt ist es also Alltag geworden, und Corona wird uns wahrscheinlich unser ganzes Leben begleiten.

Aktuell leiden wir alle immer noch unter den Massnahmen, den Einschränkungen, es bleibt weiterhin alles geschlossen, es gibt zwar einen Stufenplan wann wer öffnen darf, aber es herrscht Chaos in jedem Bereich, bei den Selbst-Schnelltests, den unterschiedlichen Impfstoffen, insgesamt bei der kompletten Impfstrategie.

Während in den USA an Drive Ins und vor Supermärkten weggeimpft wird was das Zeug hält, versumpfen wir hier in Deutschland in Bürokratie, logistischen Herausforderungen, nicht eingehaltenen Vakzin-Lieferungen und demoralisierten Bürgern, die offenbar auch nicht begreifen, dass diese britische Mutation sehr viel schlimmer ist als der Virus, dem wir letztes Jahr im März gegenüberstanden.

Aber die ganzen Diskussionen darüber welcher Politiker was falsch macht, welche Inzidenz jetzt gerade in welchen Städten explodiert oder sinkt, selbst die Skandale von den CDU-Politikern, die sich an der Pandemie bereichert haben, weil sie Provisionen bis zu 600.000 Euro im Zuge der Maskenbeschaffung kassiert haben, nerven mich, ich bin es leid, ich bin müde, ich fühle mich machtlos und harre der Dinge, kümmere mich um meine eigene kleine Welt im Heim, da ist schon Stress genug.

Es wurden gerade 2 Mitarbeiter positiv getestet, das heißt jetzt werden wieder alle Bewohner getestet, die meisten verstehen das nicht, und dieser PCR-Test ist ja sehr unangenehm, was zur abwehrendem Verhalten führt und ich deswegen das Testteam bei „schwierigen“ Bewohnern begleiten werde. Den etwas harmloseren Schnelltest machen die Bewohner jetzt zum größten Teil alle mit, wir Mitarbeiter werden alle 48 Stunden getestet, und alle 14 Tage über den PCR-Test, das ist schon mal eine gute Kontrolle, und wir haben immer noch Glück, das es keinen einzigen schlimmen Corona-Fall in unserem Haus gab.

Tommy hat seine berufliche Situation endlich unter Dach und Fach gebracht, Genaueres darf ich nicht verraten, nur soviel: er ist erleichtert.

Unsere Cappuccino-Sessions finden wie üblich statt, egal ob es regnet oder stürmt. Das

mintfarbene Fahrrad steht immer noch an der gleichen Stelle gegenüber unserer Bank, wo es schon letztes Jahr im März stand. Corona-Fahrrad.

Achim kommt sich fast täglich sein Taschengeld abholen, mal mehr mal weniger verpeilt. Stefan allerdings ist in letzter Zeit besonders verpeilt, redet wirr, schaut uns manchmal im Vorbeigehen misstrauisch an als ob er uns nicht kennt, und etwas später, wenn er wieder an uns vorbei schlurft, schenkt er mir voller Wiedersehensfreude ein Fortuna Feuerzeug und zeigt uns stolz seine neue Bong aus Glas in Regenbogenfarben und ist regelrecht fassungslos, dass wir nicht mit ihm kiffen wollen, seine Bong einweihen, das scheint ihm unbegreiflich, dass man nicht kifft.

Er kleidet sich normal auch immer sehr bedacht, also er achtet darauf wie etwas zusammenpasst, doch das ist in letzter Zeit auch nicht mehr so gut zu erkennen. Manchmal spricht er jetzt davon, dass er sowieso bald stirbt, bestimmt innerhalb der nächsten zwei Wochen, an „diesem New-York-Virus“, aber im Moment ist es eher ein Problem für ihn, einen Friseurtermin zu bekommen, und für 6 Euro würde ihm ja eh keiner die Haare rot färben.

Tommy verliert einmal beim Abendessen eine Krone, also nicht seine Dandy-Prinzen Krone sondern eine Zahnfüllung. Das nimmt er aber ganz gelassen, denn er genießt schon am nächsten Tag das Vergnügen, dass der 12-jährige Zahnarzt ihm sie wieder einsetzt.