Samstag, 5. Juni 2021
- Mai Buko
- 5. Juni 2021
- 11 Min. Lesezeit
Die 3 Gs sind der Schlüssel zur Freiheit.
Geimpft, getestet, genesen.
Wer eins davon nachweisen kann, darf in Restaurants und sämtliche Läden, zu Friseuren, darf reisen und ich glaube alles was es sonst noch so gibt, was früher mal normal war.
Ich weiß gar nicht mehr was da alles zugehört.
Ich merke nur, wie mich die Menschenmengen jetzt überall mehr als irritieren. Totales Unbehagen. Merkwürdig, wie man sich das innerhalb eines Jahres abgewöhnt hat, den Blick auf tatsächlich eigentlich immer noch verhältnismäßig kleine Menschenansammlungen. Wenn jetzt manchmal 20 Leute beisammen stehen, wirkt das enorm, echt viele, wenn es diese Gruppen in Abständen von ein paar Metern mehrfach gibt, schon überwältigend, wenn Spaziergänger am Rhein oder Sonnenanbeter und Grillfreunde insgesamt zu Hunderten in Parks auftauchen, bekomme ich regelrecht Herzrasen.
Schon vor Corona war ich ja offizieller Feind von Menschenmassen, besuchte keine Konzerte in Riesenhallen, es sei denn, wie bei Deichkind letztes Jahr, in einem privaten Tribünen-Separee, ich mied Festivals, Loveparaden, und ähnliche Festivitäten zu denen Horden an Menschen dichtgedrängt zusammenkommen, wenn ich nicht wie beim Rosenmontagszug oder Rhein in Flammen hinten am Rand oder zumindest mit sicherer Fluchtmöglichkeit ein Plätzchen fand.
Die Domplatte konnte ich nie überqueren, ich ging immer am Rand entlang. Ich mied schon allein wegen der dichtgedrängten Menschen die KVB so gut es ging. Wenn ich diese Aufnahmen von den Fahrgästen in asiatischen öffentlichen Verkehrsmitteln sehe, wo es extra Mitarbeiter gibt, die die Leute vom Bahnsteig aus in die völlig zugequetschte Bahn reinschieben, ist mir das unbegreiflich wie teilnahmslos die das hinnehmen, bei mir setzt schon beim Zugucken Atemnot ein.
Kleine Clubs und Konzerthallen zog ich auf jeden Fall vor. Und selbst da kam es ja immer zu Gedränge, oder die Tanzfläche war voll, da half mir meist Vitamin B um neben der Bühne der Musik zu lauschen oder neben dem DJ Pult tanzen zu können.
Ich finde die zugewiesenen Plätze in der Philharmonie oder im Kino sehr gut. Jeder soll gefälligst an seinem Platz bleiben.
Dazu kommt noch meine Geruchs- und Berührungsempfindlichkeit. Körpergeruch auf der Tanzfläche oder in der Bahn, zufällige Berührungen am Arm oder sonstwo erfüllen mich mit Ekel und lassen mich zusammenschrecken und sofort flüchten.
Jetzt wird also all diesen schrecklichen Dingen wieder Tür und Tor geöffnet, meine Entspanntheit des vergangenen Jahres, was diese Situationen betrifft, ist vorbei.
Bye-bye.
Die Inzidenzzahlen sanken und die Temperaturen stiegen gleichzeitig, das Wetter wurde herrlich, der verregnete und kalte Mai ging zuende, alle wollten nur noch raus und durften es.
Meinen ersten Cappuccino im Café musste ich schnell runterkippen, da Tommy, der keinen Schnelltest gemacht hatte, sich also noch nicht ins Café setzen durfte, vorm Sette auf der Bank auf mich wartete. Als Geimpfte darf ich ja jetzt überall hin und rein. Als Ungeimpfte würde ich jeden zweiten Tag einen Schnelltest machen, damit ich genauso unabhängig und spontan entscheiden kann, ob ich irgendwo einkehren möchte.
An Fronleichnam musste ich tagsüber arbeiten, für abends hatte Tommy uns einen Tisch beim Griechen reserviert, unser erster gemeinsamer Restaurantbesuch seit Menschengedenken. Gefühlt. Ich wählte die frittierten Sardellen und den untergleiche leckeren Salat, Tommy die Frikadellen, dazu trank ich sogar etwas Alkohol. Frisch gezapftes Pils. Zum Sommeressen mein Sommergetränk. Ansonsten hasse ich Bier ja.
Anschließend sind wir noch auf einen Espresso für mich und ein Eis für Tommy ins Forum gegangen. Alles wie früher. Seit langer, langer Zeit kam ich erst kurz vor Mitternacht nachhause.
Aber zwei Tage vorher war ich schon mal in einem Gastronomiebetrieb, mit Essen bestellen, neue Getränke ordern und wirklich gemeinsam an einem Tisch auf der Terrasse sitzen.
Marie hatte ihren 26. Geburtstag im Olympia gefeiert, mit Lulu, ihrer besten Freundin und Mitbewohnerin, also meine Zweittochter, einem Pärchen und mir. Ihr Freund Daniel kellnerte und schaute nur ab und zu mal bei uns vorbei, denn es war viel los an diesem ersten Tag an dem die Gastronomie wieder öffnen durfte.
Das war auf jeden Fall schon mal ein Ereignis, das Vorfreude auf künftige gesellige Sommerabende in Restaurants bescherte. Mein Liebstes. Essen gehen mit Freunden. Draußen. Herrlich.
David wurde kurz per Videocall dazugeschaltet, er bleibt noch bis August auf Zypern, auch wenn seine Freundin Vida dort gerade ihren Job verloren hat, denn warum sollen sie deswegen zurück nach Deutschland? Auf Zypern ist die Miete günstig, dazu das Bombenwetter, natürlich das Meer, alles spricht für's Dableiben, außerdem haben sie ja bis August ihre Wohnungen in Köln untervermietet. Das harte Leben im Normalzustand in Deutschland kann man auch noch im August beginnen.
Ich vermisse ihn zwar sehr, aber freue mich auch total für ihn, für seinen temporären Ausstieg und der Möglichkeit ein anderes, exotisches Leben in einem Sonnenland zu führen.
Auf der Arbeit ist fast alles wieder normal, die Wohnbereiche können wieder mit den Bewohnern durchmischt werden, Gruppenangebote für bis zu 10 Mann, der Garten ist für alle, auch für Angehörige, offen. Wir Geimpften müssen uns nicht mehr alle zwei Tage einem Schnelltest unterziehen, aber Maske bleibt weiterhin Pflicht.
Frau Z. ist immer noch jederzeit auf dem Sprung nachhause zu ihrer Mutter zu ziehen, in das Haus, das ihr Papa nach dem Krieg wieder aufgebaut hat. Auf dem Schoß hat sie ihre Handtasche in der sich unter anderem ein paar Schuhe, 5 leere Brillenetuis, eine braune in eine Serviette gewickelte Banane mit Löffel, und die Fernbedienung vom Fernseher befinden. Umständlich rollt sie den Gang entlang, immer abwechselnd die Räder drehen oder die große Tasche festhalten. Trotzdem freut sie sich jedesmal mich zu sehen, und wirkt sofort erleichtert. Wenn ich ihr dann allerdings nicht direkt beipflichte und sie bei ihrem Ausbruch unterstütze, wird sie auch mir gegenüber etwas ungehalten und schimpft mich aus. "Jetzt hör doch auf! Ich bin doch nicht verrückt, ich muss jetzt los!" In letzter Zeit kriege ich sie wieder etwas runter, wenn ich ihr sage, "Schön und gut, aber solange Sie noch im Rollstuhl sitzen können Sie ja gar nicht in die Wohnung, da ist kein Aufzug und überhaupt alles so eng. Hier kümmern wir uns solange um Sie."
Das leuchtet ihr ein, sie schaut dann auf ihre Beine, bemerkt wieder, dass sie ja im Rollstuhl sitzt und hofft sehr wahrscheinlich, dass sie da bald raus kann, wenn sie wieder gesund ist. Also es gibt Hoffnung. Das ist nicht so deprimierend wie zu hören, Sie wohnen hier und bleiben hier bis an Ihr Lebensende, denn Sie werden niemals wieder selbstständig laufen oder sich selbst um sich kümmern können. Das sagt natürlich keiner so, aber egal wie man das verpackt, es ist bedrückend mit so einer Wahrheit immer und immer wieder konfrontiert zu werden, wenn man doch alle 10 Minuten wieder fest im Glauben ist, man sei hier nur kurz, sie sei ja gerade erst um die vierzig Jahre alt, und müsste jetzt aber wirklich mal bald nach Hause.
Sie denkt immer noch mein Papa wäre mein Bruder, ist jedesmal wieder neu überrascht.
Bei meinem Papa ist auch alles unverändert. Keine Emotionen sichtbar, Nahrung und Getränke nimmt er mechanisch ein. Meine Geschwister kommen ihn nie besuchen, nur Franziska kommt hin und wieder und bringt ihm und mir leckere Marmelade mit.
Wir vom Team der sozialen Begleitung sind endlich umgezogen in die zweite Etage, ich habe uns im ehemaligen „Bastelzimmer“ ein eigenes Büro eingerichtet. Das ist so herrlich, endlich stören wir da keinen mehr, endlich stört uns keiner mehr. Wir sind unter uns und haben Platz. Aber es fehlt uns immer noch eine Person. Die Stelle, die die doofe Feist freigemacht hat, wurde kurzzeitig von einem Psychopathen besetzt, der aber schnell als solcher entlarvt wurde und seine Probezeit nicht überstand.
Also sind wir immer noch auf der Suche. Das ist sehr schwer da jemand zu finden. Denn eigentlich sind die Anforderungen sehr anspruchsvoll, die Qualifikation, um diesen Job machen zu dürfen, aber sehr gering, was eine krude Mischung von Menschen ergibt, die sich hier überhaupt auf die freie Stelle bewirbt.
Dazu die geringe Entlohnung, äusserst unattraktiv für einen halbwegs smarten Menschen, der vielleicht eine soziale Ader hat, über genügend Empathie, Flexibilität und Eigenantrieb verfügt, und sich nicht scheut sich zum Affen zu machen, als eine Art Animateur die alten, kranken Leutchen zu allem Möglichen motiviert.
Das ist sehr schade. Das müsste man ändern. Man könnte die Qualifikation schwerer machen, oder die Möglichkeit geben, die Qualifikation auf eigenen Wunsch zu erhöhen. Und somit auch den Verdienst. Je mehr Prüfungen man besteht umso höher die Entlohnung. Das würden ja nicht alle machen, denn natürlich gibt es selbst in meinem Team Mitarbeiter, die froh sind in diesem Rahmen zu arbeiten, Anweisungen und vorgegebenen Strukturen zu folgen, selbst keine kreativen Ideen beizusteuern, zu planen oder Verantwortung zu tragen. Aber so Leute wie mich, die gibt es auch genügend, die nahezu den Job eines Sozialarbeiters übernehmen, die sollten unabhängig von einer kleinen Zulage, die wir als Teamleitung erhalten, die Möglichkeit bekommen ihren "Wert" durch staatliche Prüfungen zu erhöhen. Damit wären sie immer noch sehr viel günstiger als akademische Sozialarbeiter.
Gerade geht durch die Medien wie die Politiker darüber diskutieren, dass nun endlich die Pflegekräfte angemessen, also mindestens mit Tariflohn bezahlt werden müssen. Pläne sind schon am Start. Aber selbst wenn das umgesetzt wird, betrifft uns das von der sozialen Begleitung nicht. Denn wir werden über die Pflegekassen finanziert, als Zusatzleistung pro Person, aus der Anzahl der Bewohner errechnet sich ein Personalschlüssel für das Heim, aber mit der Pflege und deren Vergütung hat das nichts zu tun.
Bei Politik fällt mir unsere hoffentlich bald neue Bundeskanzlerin ein. Annalena Baerbock von den Grünen muss sich unbedingt einen Sprachcoach zulegen, der ihr ihr „ebend“ abgewöhnt. Neulich sagte sie in einem längeren Satz mindestens fünfmal „ebend“. Das ist nicht zum Aushalten, schon allein weil mir immer dieser bescheuerte Witz dazu einfällt:
Frau beim Metzger: "Ich hätte gern 1 Pfund nackend." Metzger: "Äh, wie bitte?" Frau : "Ich hätte gern ein Pfund nackend." Metzger: "Ach, sie meinen: Ein Pfund Nacken." Frau : "Ebend."
Carina aus Berlin, Tommy und ich sind uns auch darüber einig, dass es überhaupt nicht geht, wenn jemand andauernd „Genau“ sagt. Wenn man praktisch jeden Satz mit „Genau“ anfängt. Zum Haareraufen.
Marie erzählt mir, dass sie sich durch Dittsche albernerweise angewöhnt hat, sämtliche Sätze mit „mo sagen“ anzufangen, und das jetzt nicht mehr los wird.
Tommy sagt manche Sachen wiederholt einfach nur um mich zu ärgern. Er fügt dann zum Beispiel ein „Wenn okay“ oder „Wie allgemein bekannt“ an seine Sätze. Oder er benutzt bescheuerte Abkürzungen, weil ich mal darüber abkotzte, dass manche Leute auf Facebook anderen zum Geburtstag gratulieren und nur „HB“ schreiben. Liebloser geht ja wohl gar nicht!
Carina hat mir übrigens den hübschen Turnbeutel und die Zigarettendose vom Titelbild zum Geburtstag geschenkt. Wir sind beide große Fans von Friedhof-Merchandising. Schade, dass unser großartiger Melaten-Friedhof das nicht anbietet. Die Wiener sind da offenbar etwas weiter.
Achim freut sich jetzt über die Öffnungen überall, endlich kann er wieder von Tisch zu Tisch humpeln und rumschnorren, da kommt mehr Kohle für ihn rein. Irgendjemand hat ihm die Haare geschnitten, er hat jetzt eine ganz furchtbare Vokuhila-Frisur, als ich ihm anbiete die langen Fusselhaare im Nacken auch noch zu schneiden, weil das echt doof aussieht, wird er ärgerlich und verlässt uns schimpfend. Nichtsdestotrotz kommt er täglich grinsend, sabbernd und ohne Unterlass plaudernd zu uns um seine täglichen Euros und Zigaretten abzuholen. Sowie Stefan, der immer psychotischer rüberkommt und nur noch Haut und Knochen ist. Es sind ein paar neue Schnorrer dazu gekommen, die alle nicht ganz dicht sind, irgendeine Macke haben die ja alle, manche sehr lustig und unterhaltsam, manche eher unverschämt und nervig, aber Achim und Stefan reichen uns völlig, mehr Ziehkinder können Tommy und ich uns nicht leisten.
Mit Tommy und mir wurde es ab und an etwas anstrengend, des öfteren gab es Grundsatzdiskussionen, wer sich wie verhält, und was nervt oder verletzend ist. Sehr wahrscheinlich liegt es an dem Corona-Koller, dem, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, ewigen nur auf uns zwei limitierten Sozialkontaktbündnis.
Ich jedenfalls wurde sehr sensibel was unsere gewohnten Kabbeleien betraf, es ging immer öfter nicht mehr nur um spaßigen Schlagabtausch, um generelles Klugscheißen und Besserwissertum, sondern wurde in meinen Augen viel zu oft zu persönlich, ich fühlte mich angegriffen oder nicht wertgeschätzt. Obwohl wir auch darüber sprachen kam es nicht wirklich zu gegenseitigem Verständnis. Aber wir treffen uns tapfer weiter und ätzen gemeinsam über die doofen Leute, lachen über gelungene Gags. Ich glaube, dass die Lockerungen und das gute Wetter dazu führen, dass wir uns auch wieder anderen Menschen zuwenden, und wir uns schon dadurch etwas entspannen. Vor allem Tommy blüht förmlich auf, wenn er wieder zu Veranstaltungen darf und vielleicht sogar bald wieder an eigenen arbeiten kann.
Was meine Anspannung darüber hinaus verstärkt ist mein Wohnungsprojekt.
Ich wollte natürlich nicht locker lassen und die Veränderungen in meiner Wohnung, die Pläne, die ich so euphorisch schmiedete, nicht im Sande verlaufen lassen.
Daher nutzte ich meinen kompletten zweiwöchigen Urlaub rund um meinen Geburtstag, um umzuplanen, neue Ideen zu entwickeln, andere Materialien auszusuchen, Leute aus Maries Umfeld zu akquirieren, die mir bei dem einen oder anderen Projekt gegen Bares helfen konnten. Ich war praktisch jeden Tag auf Adrenalin. Mir fielen immer mehr Dinge ein, die ich entweder bestellte, das Geld floß mir nur so aus den Händen, oder selber machen konnte, Möbel umfunktionieren, sie bekleben, da was umtopfen, hier was entsorgen oder Moritz, der jetzt mein hauseigener Assistent ist, beschäftigen. Ich ließ ihn altes Zeug abbauen, neues aufbauen, Löcher bohren, Lampen umhängen oder neue anbringen. Vor allem das neue Licht im Flur ist so wundervoll, durch den goldenen Innenschirm strahlt es so warm und schön wie die Sonne.
Die Vorfreude auf meine neue fertige Wohnung kribbelte ununterbrochen in mir, die Kreativität nahm kein Ende. Als Pippo endlich meine Trennwand einbaute, die ich mir als riesige 3 Meter hohe Schiebetür aus transparenten Stegplatten gewünscht hatte, und er es meisterhaft umsetzte und ebenso meisterhaft unter den schwierigsten räumlichen Umständen, weil hier alles viel zu eng ist, einbaute und wirklich elegant aussehen ließ, fehlte zu meinem Glück nur noch die Lieferung der beiden Regalsysteme aus Zink, die ich mir bei einem Großhandel für Lagerregale bestellt hatte.
Sie sollen einerseits meinen fetten Kleiderschrank ersetzen und durch ihre Deckenhöhe und Länge, zusätzlich unfassbar viel Stauraum bieten. Ich habe nämlich echt viel Kremel von dem ich mich nicht lösen kann. Und ich bin immer noch dabei Zeug anzuhäufen. Im Moment wünsche ich mir ein echtes Fabergé Ei. Nach der „Halston“ Serie auf Netflix, die wirklich ganz toll ist, recherchierte ich der Schmuckdesignerin Elsa Peretti hinterher und war kurz davor mir bei Tiffany & Co ein kleines Silberkettchen zu bestellen. Das gab es schon ab 300 Euro. Aber ich ließ es sein. Ebenso untersagte ich mir weitere Handtaschen auf Ebay zu schießen.
Das gleiche Regalsystem soll übrigens auch im Flur stehen, nur nicht so tief, um den ganzen anderen Schrott wie Handtaschen, Schuhe, Stiefel, Besen, Altpapier, Geschenkpapier Regenzeug, Handschuhe, Schals und die Garderobe verschwinden zu lassen.
Nicht mehr sichtbar durch jeweils davor gesetzte zweiläufige Vorhangschienen, die ich mit Bahnen aus sogenanntem weißem „Windpapier“ bestücken will, einem reißfesten, wasserdichten künstlichen Papier. „Tyvek“ heißt das, eingetragenes Warenzeichen von DuPont.
Ich hoffe, es mutet dann wirklich so japanisch an (in Anlehnung an diese Papierwände namens „Shōji“) wie ich es mir in meiner Vorstellung ausmale.
Gestern kam dann endlich die Lieferung der heiß ersehnten Zinkregale an. Da ich arbeiten musste, betreute ich meine liebe Katzennachbarin mit dem Empfang. Natürlich handelte es sich um eine Spedition, die nur bis zur Bordsteinkante lieferte. Als sie sich 10 Minuten vorher telefonisch anmeldeten, bat ich sie, die Sachen doch bitte für einen Zwanziger nach oben in die zweite Etage vor meine Wohnung zu tragen. Der Fahrer murmelte irgendetwas, dann rief ich die Nachbarin an und bat sie einen Zwanziger zu zücken. Als sie weg waren, meldete sie sich, sie hätten zwar einen kleinen Teil der Lieferung nach oben gebracht, aber eine 100 Kilo schwere Palette mit dem zigfach folienumwickelten Zeug unten im Hausflur stehen lassen.
Ich ärgerte mich schwarz, dass die dafür 20 Euro einkassiert hatten, und ich nach der Arbeit sehr wahrscheinlich hundertmal mit den Einzelteilen von der Palette die Treppen hoch steigen musste. Und das mit meinen Knieschmerzen und Arthroseproblemen. Meine liebe Kollegin Adele bot sofort ihre Hilfe an, als sie das Desaster mitbekam. Sie musste länger als ich arbeiten, kam dann aber nach einem Gewitter, auf das wir schon seit dem Vormittag gewartet hatten, zu mir und wir trugen das Zeug nach oben. Als Dank gab es Miracoli mit Rucola Salat. Als sie nachhause radelte ging dann erst das richtige Gewitter los. Wie ich in den Nachrichten sah, mit Überschwemmungen deutschlandweit. Die Arme.
Für nächstes Wochenende habe ich nun Kay und Moritz an verschiedenen Tagen gegen Bezahlung gebucht, der alte Kleiderschrank mit seinen tonnenschweren Milchglas-Schiebetüren muss abgebaut werden, und die echt tricky Zinkregale müssen zusammengesteckt werden. Und natürlich meine japanischen Schiebevorhänge gebastelt und angebracht werden. Meret und Gregor habe ich als Joker-Hilfskräfte auch noch um Hilfe gebeten.
Wenn also der ganze Scheiß endlich steht und ich alles untergebracht habe, dann bin ich so glücklich wie sonstwas. Werde meine Bude nie mehr verlassen, und werde hoffentlich wieder mehr Zeit für's Schreiben finden.
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